Vom 14. bis 16. Juni 2024 haben wir das Fujinaga Memorial Gasshuku ausgerichtet. Anlass war der 80. Geburtstag von Fujinaga Sensei. Dieser verstarb leider viel zu früh 1995.

Das Training bei unserer dreitägigen Veranstaltung hat Nemoto Keisuke Sensei (6. Dan JKA) geleitet. Für einige Unermüdliche unter uns begannen die ersten Einheiten aber bereits am Mittwoch im Fujinaga Leipzig Dojo. Hier haben wir grundlegende Kumite-Übungen sowie Kata Heian Shodan geübt. Trotz des vermeintlich ‚einfachen‘ Inhalts ist schon dort kein Dōgi trocken geblieben und alle sind mit dem Gefühl nach Hause gegangen, dass der eigene Weg im Karate noch lange nicht zu Ende ist und es immer wieder Verbesserungsmöglichkeiten gibt.

Am Donnerstag ging es dann in Berlin weiter mit einem Training beim SG FEZ. Auch hier wurden mit sehr grundlegenden Kihon-Übungen nicht nur Farbgurte ins Schwitzen gebracht. In den Kumite-Übungen hat Nemoto Sensei ein besonderes Augenmerk auf Sanchin gelegt. Niemand sollte nach einem Angriff oder erfolgreichem Konter einfach aufstehen oder sich gar wegdrehen. Es galt immer wachsam zu bleiben, bis die Situation wirklich vorbei war. Der Andrang war groß und die Halle eher klein. Das war aber überhaupt kein Problem, denn wenn man in Japan eines lernt, dann aus wenig Platz das meiste rauszuholen. Statt nur zwei Schritte vor und zurück zu gehen, haben wir die Halle für die Kihon-Übungen kurzerhand längs durchquert. Dabei sind alle Teilnehmer nicht gleichzeitig, sondern gestaffelt gelaufen. So wurden aus den sonst üblichen fünf Schritten schnell mal 15 und man hatte auch die Gelegenheit, noch bei anderen abzugucken, falls man sich selbst unsicher war. Abgucken ist eine der besten Lernmethoden im Karate und nur in der Schule während Tests, Arbeiten und Klausuren verboten.

Die beiden Stationen in den Dojos von Jens Streich (Fujinaga Leipzig) und Jens Kroh (SG FEZ) standen im Einklang mit dem Anlass des Gasshuku. Beide sind, wie Thomas Frommer auch, Schüler von Fujinaga Sensei gewesen und fühlen sich heute noch stark mit den Lehrinhalten und -methoden des verstorbenen Meisters verbunden.

Am Freitag startete dann das Gasshuku mit Kihon in der großen Halle des Barnim-Gymnasiums. Der Schwerpunkt lag auf den drei wichtigsten Stellungen und wie man sich vorwärts und rückwärts bewegt, ohne dabei den Hacken oder gar den ganzen Körper anzuheben. Auch die Körperhaltung bei Hanmi und Shomen haben wir ausführlich erklärt bekommen und dann selbst ausgearbeitet.

Damit die Teilnehmer die detaillierten Erklärungen von Nemoto Sensei auch verstehen konnten (abgucken ist zwar gut, aber manchmal helfen erklärende Worte dann doch weiter), hatten wir einen hervorragenden Übersetzer vor Ort.

Am Samstag ging es um die Paradedisziplin von Nemoto Sensei: Kumite. Als sechsfacher All Japan Kumite Champion ist er Rekordhalter in dieser Disziplin und es wird schwer werden, diesen Rekord auch nur einzustellen, geschweige denn zu schlagen. Zurzeit fungiert er ebenfalls als Trainer der japanischen Kumite-Nationalmannschaft. Dementsprechend gespannt waren wir auf die Einheiten mit dem Schwerpunkt Kumite. Wir wurden nicht enttäuscht. Nachdem wir verschiedene Tsuki- und Block-Kombinationen sowohl alleine als auch am Partner geübt hatten, ging es immer mehr in Richtung freier Kampf.

Die zweite Trainingseinheit startete mit einer Uchi-Komi-Übung. Während sich 15 Teilnehmer in einer Reihe aufstellten, durften sich die Verbleibenden in Reihen aufteilen und angreifen. Ziel war es dabei, die Körpermitte des Verteidigers anzugreifen. Nach vielen Wiederholungen wurde klar, dass es nicht zielführend war, nur die Fäuste und Füße nach vorne zu werfen und darauf zu hoffen, den Gegner zu treffen. Genau auf diesen Lerneffekt hatte es Nemoto Sensei abgesehen. In der abschließenden Übung haben wir dann geübt, mit dem ganzen Körper anzugreifen. Ziel war es, ungefähr acht Meter ununterbrochen vorwärts zu gehen und dabei gezielt Tsuki- und Keri-Techniken auszuführen. In der darauffolgenden Partnerübung ging es für den Verteidiger darum, sich davon nicht zu sehr beeindrucken zu lassen, sondern den Schwerpunkt unten zu halten und die Distanz zu wahren, um so einen Gegenangriff starten zu können. Damit war auch klar, wofür wir uns am Freitag so abgemüht hatten. Das Gefühl, nicht aufzusteigen, sondern den Schwerpunkt unten zu lassen, war hier wesentlich.

Ein besonderes Highlight des Samstages war die Anwesenheit von Nemoto Shihan (8. Dan JKA) und Saeki Sensei (7. Dan JKA, JKA-Kanada Chief Instructor). Diese gingen durch die Reihen und korrigierten noch so kleine Fehlhaltungen oder falschen Bewegungen. Beide waren eigentlich im Urlaub und als Touristen in Berlin, hatten aber ihren Dōgi und Obi im Gepäck und mit uns ihr Wissen geteilt.

Am Sonntag war das zentrale Thema Kata. In zwei Trainingseinheiten haben wir hier Jion und Sochin trainiert. Ein besonderes Augenmerk liegt bei Sochin auf der namensgebenden Stellung. Nemoto Sensei hat mehrfach und unmissverständlich klar gemacht, dass das hintere Bein nicht gestreckt werden dürfe, da ansonsten die Stellung kaputt gehe und es kein Sochin-Dachi mehr sei. Hier durften wir uns auch in mehreren Partnerübungen gegenseitig korrigieren und helfen.

Wir blicken auf ein gelunges Gasshuku zurück. Wir haben viel gelernt, noch mehr geschwitzt und viele werden sicherlich noch von Muskelkater geplagt sein.

Ein großes Dankeschön richtet sich an die freiwilligen Helfer, die ihr Wochenende zumindest teilweise in der Turnhalle verbracht haben, um sich um Einlass, Beschilderung und alles andere zu kümmern, was zur Organisation einer solchen Veranstaltung dazugehört.